Einwilligung in Datenbekanntgabe

Einwilligung oder gesetzliche Grundlage: Die eine Seite der Datenbekanntgabe

Viele öffentliche Stellen erbitten sich das Einverständnis derjenigen Person, über welche Personendaten an andere Stellen weitergegeben werden. Willigt die betroffene Person nicht ein, dann greifen die öffentlichen Stellen auf eine gesetzliche Grundlage zurück, welche die Datenbekanntgabe erlaubt. Ein zulässiges Vorgehen? Und wie verhält es sich, wenn die angefragte Drittperson oder Stelle einem Berufs- oder einem besonderen Amtsgeheimnis unterstellt ist?

Um eine Leistung erbringen zu können, ist eine öffentliche Stelle oftmals darauf angewiesen, von einer anderen Stelle oder anderen Personen Informationen über eine Bürgerin bzw. einen Bürger einzuholen: Damit die Volkszahnklinik ihrem Auftrag der sozialen Zahnpflege nachkommen kann, muss sie beispiels-weise wissen, ob Herr Müller allenfalls Ansprüche auf Unterstützungsleistungen hat (was bei der Rechnungsstellung zu berücksichtigen wäre). Damit die Sozialhilfe allfällige Rückforderungsansprüche geltend machen kann, muss sie in Erfahrung bringen können, ob Frau Meier geerbt hat.

Datenschutzrechtlich stellt das Nachfragen durch das öffentliche Organ, das die Daten erhalten will, ein Bearbeiten von Personendaten dar – konkret das Erheben von Personendaten. Das ist zulässig unter den Voraussetzungen von § 9 IDG (gesetzliche Grundlage, Verhältnismässigkeit). Gleichzeitig werden mit der Anfrage aber auch Daten bekannt gegeben: dass Herr Müller bei der Volkszahnklinik in Behandlung ist oder dass Frau Meier sich – in welcher Rolle auch immer – in einem Abklärungsverfahren bei der Sozialhilfe befindet. Für das Nachfragen bei anderen Stellen oder Personen müssen deshalb die Bekanntgabevoraussetzungen des § 21 IDG (gesetzliche Grundlage oder Einwilligung, Verhältnismässigkeit) erfüllt sein. Die Rechtfertigung durch eine Einwilligung hat der Gesetzgeber bewusst als «Notlösung» konzipiert: Das Legalitätsprinzip würde untergraben, wenn ein öffentliches Organ, sollte es ihm an einer vom Gesetzgeber geschaffenen und damit demokratisch legitimierten Grundlage für sein Handeln fehlen, jedes Mal auf die Einwilligung der betroffenen Person zurückgreift – daher die gewollte Einschränkung auf den «Einzelfall».

Zwei Kontrollfragen helfen in diesen Fällen:

  • Soll mit der Einwilligung erlaubt werden, dass es mehr Daten oder andere Daten einholt, als es zur Aufgabenerfüllung benötigt? Nein, wird die Antwort auf diese Frage regelmässig lauten. Das würde auch dem Verhältnismässigkeitsprinzip widersprechen. Bei einem Nein besitzt das öffentliche Organ die nach IDG notwendige gesetzliche Grundlage (mindestens in Form der mittelbaren gesetzlichen Grundlage) – da hat eine Einwilligung nichts zu suchen.
  • Was geschieht, wenn sich eine Klientin oder ein Klient weigert, diese Vollmacht oder Ermächtigung zu erteilen? Oft bekommt der Datenschutzbeauftragte auf diese Frage die Antwort: Dann hole man die Daten trotzdem ein, weil dafür ja die gesetzliche Grundlage bestehe – ohne die Daten könne das öffentliche Organ seine gesetzliche Aufgabe nicht erfüllen.

Die betroffene Person, der vorgegaukelt wird, sie könne einwilligen oder nicht,muss sich ziemlich verschaukelt vorkommen, wenn sie feststellt, dass auch bei einem Nein die Datenbekanntgabe erfolgt. Oft wird auf Formularen aus falsch verstandener «Kundenfreundlichkeit» eine (Schein)Einwilligung vorgesehen. Richtig wäre, schlicht für Transparenz zu sorgen. Also nicht «Ich willige ein, dass …», sondern «Ich nehme zur Kenntnis, dass …».

Ergebnis

Wenn eine (unmittelbare oder mittelbare) gesetzliche Grundlage für eine Datenbearbeitung (insb. für das Einholen von Informationen bei einer anderen Stelle oder Person) besteht, ist Transparenz zu schaffen und nicht eine (Schein-)Einwilligung vorzugaukeln.

nach oben

Entbindung: Die andere Seite einer Datenbekanntgabe

Ein öffentliches Organ darf zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgabe von einer anderen Stelle oder Person Personendaten über eine Klientin oder einen Klienten erheben. Damit ist aber noch nicht sichergestellt, dass das angefragte öffentliche Organ oder die angefragte Person auch Auskunft erteilen darf (oder muss).

Nehmen wir an, dass ein öffentliches Organ, damit es seine gesetzliche Aufgabe erfüllen kann, über eine Klientin oder einen Klienten Daten benötigt, die bei einem anderen öffentliche Organ oder bei einer privaten Person oder einem privaten Unternehmen vorliegen. Dieses Nachfragen hat zwei Seiten:

  • Darf das öffentliche Organ überhaupt fragen? Diese eine Seite der Datenbekanntgabe wird unter «Einwilligung oder gesetzliche Grundlage: Die eine Seite der Datenbekanntgabe» behandelt.
  • Darf oder muss das angefragte öffentliche Organ, die angefragte Privatperson oder das angefragte private Unternehmen antworten? Auf dieser anderen Seite stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit separat nochmals.

Ein öffentliches Organ darf Personendaten bekannt geben, wenn a) eine gesetzliche Bestimmung dazu verpflichtet oder ermächtigt, oder b) dies zur Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe erforderlich ist oder c) im Ein-zelfall die betroffene Person ausdrücklich zugestimmt hat oder, falls sie dazu nicht in der Lage ist, die Bekanntgabe in ihrem Interesse liegt und ihre Zustimmung in guten Treuen vorausgesetzt werden darf. Ausserdem hat das angefragte öffentliche Organ nach § 29 IDG zu prüfen, ob die Bekanntgabe von Informationen im konkreten Fall allenfalls ganz oder teilweise zu verweigern oder aufzuschieben ist, weil eine besondere gesetzliche Geheimhaltungspflicht oder ein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse entgegensteht.

Für eine angefragte private Person – eine natürliche oder juristische Person – ist die Frage nach Art. 12 f. des Bundesdatenschutzgesetzes zu beantworten: Eine Datenbekanntgabe kann durch die Einwilligung der betroffenen Person, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt sein.

Dabei kann es also durchaus vorkommen, dass einer Datenbekanntgabe ein Berufsgeheimnis (medizinisches Berufsgeheimnis, Anwaltsgeheimnis, Beichtgeheimnis usw.), ein besonderes Amtsgeheimnis oder ein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse entgegensteht. In diesem Fall darf oder muss die angefragte Stelle oder Person die Bekanntgabe ganz oder teilweise einschränken.

Hier kann eine Entbindung durch die betroffene Person Klarheit schaffen. Wenn die Patientin ihre Ärztin vom Berufsgeheimnis oder ein angefragtes öffentliches Organ vom besonderen Amtsgeheimnis entbindet, steht einer Auskunftserteilung nichts mehr im Wege. Wenn ein angefragtes öffentliches Organ eine Interessenabwägung im Sinne von § 29 IDG vornimmt, wird das private Interesse der betroffenen Person nicht mehr entgegenstehen oder nicht überwiegen, wenn diese Person selber in die Bekanntgabe einwilligt. Eine solche Entbindung soll möglichst konkret ausformuliert sein, so dass die betroffene Person abschätzen kann, in welchen Informationsaustausch sie ihre Einwilligung gibt.

Ergebnis

Eine Entbindung durch die betroffene Person führt dazu, dass ein angefragtes öffentliches Organ oder eine angefragte Privatperson Auskunft geben darf und nicht wegen eines Berufsgeheimnisses, wegen eines besonderen Amtsgeheimnisses oder wegen über-wiegender entgegenstehender privater Interessen die Bekanntgabe einschränken muss. Eine solche Entbindungserklärung muss klar und möglichst konkret ausformuliert sein.

Anmerkung

Beide Texte sind mit Quellennachweisen im Tätigkeitsbericht 2012 veröffentlicht (dort Fall 3 und 4, S. 36 und 37). Tätigkeitsbericht 2012

nach oben